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Uschi Vortisch

„Die einen interessieren sich für die Welt,
die anderen für sich“

Uschi Vortisch über das Wandern

Kurzprofil   Interview

Erfahrungen und Qualifikationen:

  • Bestandserfassung und Zertifizierung „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ und „Leading Qualitiy Trail – Best of Europe“
  • Referentin für Schulungen „Bestandserfassung von Qualitätswegen Wanderbares Deutschland“ und  „Leading Quality Trail – Best of Europe“
  • Draussenschule und Schulwander-Wettbewerb des Deutschen Wanderverbandes
  • Planung und Organisation von Wanderreisen
  • Neukonzeption von Wanderwegenetzen
  • Veranstaltungs- und (Kinder-)Kulturmanagement
  • PR-Management
  • Ausbildung: Keramikerin und Gymnasiallehrerin für Bio und Kunst

Interview

Seit wann wanderst du? Wie hat es angefangen?
Begonnen hat es 1998, als eine Freundin mich zu einer Rucksackwanderung auf Korsika überredete. Seitdem habe ich Lust zu wandern und es ging danach auch gleich in die Vollen bei diversen Bergtouren.

Worin liegt für dich der Unterschied zwischen Wandern und Spazierengehen?
Wandern hat für mich sportlichen Charakter. Einen Spaziergang mache ich vor dem Kaffeetrinken. Der dauert bestimmt nicht länger als eine Stunde und strengt mich nicht an. Eine Wanderung dauert mindestens zwei Stunden und ist mindestens ein bisschen herausfordernd.

Unterscheidest du zwischen Wandern und „Genusswandern“?
Wandern ist für mich immer ein Genuss. Natürlich spielt dabei auch das Essen eine Rolle: Einkehren und regionale Spezialitäten genießen – das macht einfach Spaß. Seit Wandern ein Tourismusfaktor ist, wird dieser Aspekt zurecht hervorgehoben und die Angebote werden ausgeweitet.

Du konzipierst und zertifizierst Wanderwege: Wann ist ein Wanderweg in deinen Augen ein guter, schöner oder sich lohnender Wanderweg?
Am allerwichtigsten ist, dass er kontinuierlich, also über die ganze Strecke, Abwechslung bietet. Ich will nicht am Anfang alle Highlights sehen und danach folgt Ödnis. Ich will auch nicht auf Asphalt unterwegs sein. Die Wege sollten mindestens streckenweise abseits liegen, wo Ruhe herrscht und ich angenehm auf naturbelassenem Untergrund laufe.

Gehören nicht auch die unattraktiven Orte und Wegsituationen zum Leben und damit zum Wandern?
Wenn ich eine Wegführung entwickele, gibt es erst mal keinen Grund, die Route etwa an einer Autobahn entlangzuführen. Es sei denn, dort befindet sich ein spektakuläres Highlight und es gibt keine andere Möglichkeit, da heranzukommen. Dann nehme ich die lärmende Autobahn in Kauf.

Wie hat sich deine Einstellung zum Wandern geändert, seitdem du es professionell, also beruflich, betreibst?
In der Tat hat sich mein Blick geschärft. Ich nehme Routen stärker wahr in puncto Wegbeschaffenheit, Abwechslung oder landschaftlicher Schönheit. Beim Zertifizieren nehme ich nicht nur die Schönheiten, sondern immer stärker auch die Mängel eines Weges in den Blick, wobei ich in den letzten Jahren immer anspruchsvoller geworden bin. Was ich wirklich bestätigen kann, ist, dass die zertifizierten Wanderwege tatsächlich aus den Wünschen der Wanderer abgeleitet sind.

Es gibt zahlreiche Bewertungsportale im Internet. Dank Outdooractive und Komoot können wir alles bis ins letzte Detail planen. Kann Wandern trotzdem noch ein Abenteuer sein?
Meine Definition von Abenteuer ist: Loslaufen und letztlich doch nicht wissen, was auf einen zukommt. So kann bereits eine Tagestour für mich ein Abenteuer sein, einfach, weil ich alleine unterwegs bin. Abenteuer bedeutet auch, dass ich nicht alles schon vorher im Internet abgecheckt habe. Ich hätte wohl nie den Gipfel des über 2800 Meter hohen Triglav in Slowenien erreicht, wenn ich mir zuvor im Internet den schmalen Grat angesehen hätte, über den der Weg am Ende führt.

Verlässt du dich ausschließlich auf Smartphone und GPS? Oder nimmst du auch Karten mit, falls es keinen Empfang gibt? 
Beides. Ich habe immer eine Karte mit, denn beim Zertifizieren mache ich darauf Notizen und Eintragungen. Zudem möchte ich die Gegend, durch die ich laufe, im geografischen Zusammenhang sehen, um mich räumlich zu orientieren. Das winzige Display oder diese schmalen Leporellokarten helfen mir da nicht. Und ich verlasse mich am liebsten auf Wegmarkierungen im Gelände, weil ich so beim Gehen im Fluss bleiben kann und nicht ständig Karte oder Handy zücken muss. 

Wandern war einst eine Art des Reisens und der Fortbewegung. Heute werden dem Wandern häufig ganz andere Funktionen und Bedeutungen zugeschrieben. Wie ordnest du das ein?
Es gibt viele Motivationen fürs Wandern: Die meisten wollen schöne Natur, Einkehrmöglichkeiten oder kulturelle Sehenswürdigkeiten. Andere denken über sich selbst nach, meditieren, fordern sich sportlich und körperlich heraus und wollen über sich hinauswachsen. Die einen interessieren sich für die Welt, die anderen für sich.

Wanderst du lieber allein oder in Gesellschaft?
Früher bin ich nur gemeinsam mit Freunden gewandert. Seit ich zertifiziere bin ich auf den Geschmack gekommen auch alleine zu laufen. Mit anderen kann man beim Wandern gute Gespräche führen und diese sind oft anders als am Tisch.

Was schätzt du an deinem Geschäftspartner Norman?
Ich mag seine Gründlichkeit und dass er Aufgaben durchzieht. Und natürlich schätze ich seine Begeisterung für das Wandern. Er wandert mit der gleichen Geschwindigkeit wie ich. Seinen Humor, seine Nüchternheit und seine Organisationsgabe will ich auch nicht vergessen.

Deine schlimmste Wanderung?
Am allerschlimmsten war es, als ich einmal mit meinem damaligen Partner in Kanada weit vom Weg abkam. Unser Proviant war alle. Als ich nicht mehr weiterkonnte und wir das Zelt aufgebaut hatten, kam ein Grizzly. Er hat uns zum Glück in Ruhe gelassen. Erst am nächsten Tag haben wir gerafft, wo wir sind.

Deine Lieblingswanderung?
Mein Lieblingswandergebiet ist Slowenien. Einer der für mich schönsten kurzen Wanderwege ist der durch das Furlbachtal in Ostwestfalen Lippe. Er ist nur knapp acht Kilometer lang und wunderschön, weil total ursprünglich.